Das ich in den letzten zwei Monaten zwei Einträge veröffentlicht habe kann mir nicht gerade als Schreibwut ausgelegt werden. Die Frage warum ich in der letzten Zeit nichts gebloggt habe kann ich auch nicht wirklich beantworten.
Die meisten Freiwilligen fangen an, schreiben die erste Jahreshälfte jede Menge, und in den folgenden sechs Monaten kommt dann noch ein Eintrag mit der Entschuldigung, dass das Leben zur Routine geworden ist. Es gibt nichts Neues mehr zu berichten.
Bei mir ist eigentlich jede Menge in den letzten Monaten passiert. Andererseits war es nicht soviel, dass es mich davon hätte abhalten können darüber zu berichten.
Über das warum habe ich mir deshalb eine ganze Weile den Kopf zerbrochen. Mittlerweile bin ich zu dem Schluss gekommen, dass man schlicht und einfach die Lust verliert. Am Anfang habe ich immer noch bei Facebook nachgeschaut, was meine Freunde in Deutschland so treiben, hatte regelmäßig Gespräche mit meiner Familie und den Daheimgebliebenen. Jetzt ist es deutlich weniger geworden. Wenn ich sage, dass ich mehr arbeite und hier meine Freunde hab, dann wäre das nur die halbe Wahrheit. Deutschland interessiert mich einfach nicht mehr, ist die andere Hälfte. Natürlich sind das nicht die Menschen, die mir in meinem Leben wichtig geworden sind. Die mich begleitet und zu dem gemacht haben, was ich jetzt bin. Aber der deutsche Staat, die Politik oder das Wirtschaftswachstum erscheinen mir mittlerweile Weltfremd. Wenn die Innenminister über ein Bleiberecht für leistungsstarke minderjährige Geduldete nachdenken kommt mir das menschenverachtend vor. Wenn der deutsche Außenminister schlechter Englisch spricht als ein duchschnittlicher Gymnasiast kann die einzige Erklärung sein, dass er von Politikerfreunden ernannt wurde. Und wenn jemand nationale Interessen - mit dem vollen Bewusstsein, dass Menschen in anderen Ländern darunter leiden werden - vertritt, frag ich mich wann bei ihm die Realität auf der Strecke geblieben ist.
Ein Jahr in Kolumbien verändert die Sicht auf vieles. Dass ich anfangen muss Gründe zu suchen warum ich nach Deutschland zurück will, hätte ich in den ersten drei Monaten nicht gedacht. Neben Familie, Freunden und Bekannten wären da noch die praktischeren Duschköpfe, einige Lebensmittel und danach fällt es schon schwer.
Vielleicht geht es den meisten Freiwilligen so wie mir. Einem wird klar, dass man soviel bloggen kann wie man will. Es versteht einen doch keiner ohne hier gewesen zu sein. Die Lust über all das Neue zu berichten versiegt. Die Deutschen können auch weiter die Nachrichten lesen und denken, dass es ihnen schlecht geht.
Das größte Geschenk in meinem Leben ist wahrscheinlich trotzdem meine Deutsche Staatsbürgerschaft. Garantiert sie doch kostenlosen Zugang zu Bildung und ein (Über-)Leben ohne Sorgen. Das es mir gut geht und anderen deshalb schlecht ist ein Gedanke, den man niemals ganz zu Ende denkt. Würde es doch bedeuten Kosequenzen ziehen zu müssen.
Das Bloggen werde ich trotzdem nicht aufgeben. Vielleicht weil ich zu wissen glaube, dass es Menschen gibt die mich verstehen.
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Wir kennen uns zwar nicht, trotzdem habe ich deinen ganzen Blog gelesen und muss sagen, dass es mich wirklich beeindruckt und berührt. Zum einen, weil du wirklich sehr gut schreiben kannst, zum anderen, weil es einfach Geschichten sind die das Leben schreibt. Ich war zweieinhalb Monate in Afrika, viel zu kurz um einen solch tiefen Einblick in eine völlig andere Kultur zu kriegen wie du, trotzdem lang genug, um deine Gedanken, die du in diesem Beitrag niedergeschrieben hast, nachvollziehen zu können. Naja ich wollte einfach nur mal sagen, dass es definitiv Menschen gibt, die dich verstehen, selbst wenn du sie noch nichtmal kennst. Ich habe großen Respekt vor dir.
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