Mittwoch, 27. Januar 2010

Vielleicht sollte man keine Taxis nehmen, die an typischen Touristenattraktionen bereitstehen...

Da man sich leicht der Versuchung hingibt lediglich Verallgemeinerungen darzustellen und vergisst zu bemerken, dass es sich um subjektive Eindrücke handelt, will ich mich damit begnügen eine kleine Anekdote aus den letzten Tagen zu erzählen.
Ganz in der Manier eines all inclusive Angebotes wurden auch wir dazu angehalten an einer Stadtführung teilzunehmen. Von dieser möchte ich - obwohl für den einen oder anderen Leser sicher sehr interessant - nur soviel berichten, dass unser Guide (eine seriöse Dame um die 38 Jahre) es sich anschließend nicht nehmen ließ gemeinsam mit uns in einer Bar, in einer der Künstlerhochburgen der Altstadt, ein Bier zu genießen. Was in Deutschland wahrscheinlich (allein aufgrund des Altersunterschiedes) ein bisschen bizarr anmuten würde, machte hier den Anschein ganz normal zu sein.
Anschließend, ganz begierig darauf weiterhin den Touristen zu mimen machten sich einige von uns auf den Weg zum Montserrate, einem Berg (3152 m) mit einem ehemaligen Kloster und einer wunderbaren Aussicht auf die Stadt. Nach einem aufgrund von Höhe und hereinbrechender Nacht nicht ganz zitterfreien Aufenthalt machten wir uns mit Hilfe der elektrischen Seilbahn auf den Rückweg in die Stadt (welche übrigens 2600 m hoch ist). Unten angekommen ging dann das eigentlich Abenteuer los.
Da der Weg in die Innenstadt und bis zu meinem Bus ein bisschen gefährlich und ungleich weiter gewesen wäre entschied ich mich spontan für ein wenig Luxus und ging auf das Angebot des fröhlich winkenden und rufenden Taxifahrers ein der den Anschein machte ein ziemlich netter Kerl zu sein. Nachdem ich auf der Rückbank des gelben Gefährts Platz genommen hatte, bereit mich nach Hause kutschieren zu lassen erschien mir der Mann plötzlich weniger freundlich. Das unrasierte Kinn und die kleine Narbe auf der rechten Wange erinnerte eher an einen Piraten, als an einen seriösen Chauffeur. Dazu die kräftge Statur und das Halbdunkel, der aufziehenden Nacht ließen mich an die Geschichte eines Freundes denken, dem es bei einem ähnlichen Versuch in seine Unterkunft zu kommen weniger gut ergangen war. Naja, jetzt saß ich in dem Taxi. Was konnte mir schon groß passieren? Ich glaube ich habe eine ganz gute Hausratversicherung und außer meiner Kamera war auch nichts von Wert in meinem Rucksack (der nebenbei bemerkt sicher schon das Interesse meines neuen Freundes geweckt hatte). Ich zückte also mein Handy um einen der ältesten Tricks zu probieren. Einfach so tun als würde man telefonieren und den Namen des Fahrers von dem Schild, das immer an der Rückseite von einem der Sitze hängt vorlesen, dazu das Kfz-Kennzeichen nennen und schon denkt der Lenker des Fahrzeugs, dass jemand anders weiß wo genau man ist. Nach einem kurzen Rundumblick wurde mir klar, dass ich auf der Rückwand vergeblich suchte. Blieb also noch die Vorderseite des Beifahrerplatzes, die ich ganz unauffällig zu überblicken versuchte. Da dies von meinem Platz aus nicht möglich war, versuchte ich ohne das Interesse meines Vordermannes zu wecken, allein durch das An- und Entspannen der Muskeln in meinem Hinterteil ein Stück nach links zu rutschen. Nach einigen erfolglosen Versuchen tat ich schließlich so, als würde ich meine Hose an den Rechten Platz rutschen und warf dabei einen verstohlenden Blick dahin, wo ich das Schild vermutete.
Nichts. Okay, das war kein gutes Zeichen aber eigentlich auch kein besonders schlechtes. Es ist mir schon öfter passiert, dass es fehlt und bis jetzt ist ja auch nichts passiert. Als ich anschließend meinen Blick weiter schweifen ließ und auch dabei scheiterte den Taxameter zu finden, wurde mir ein bisschen mulmig zumute. Von außen sah das Taxi eigentlich ganz normal aus und hier drin fühlte ich mich plötzlich wie Ali Baba in der Höhle der vierzig Räuber. Abwägend, was besser wäre, in einem der Armenviertel Bogotás aussteigen und bis zur nächsten größeren Straße zu Fuß durch die Dunkelheit laufen oder einfach sitzen bleiben und abwarten, entschied ich mich für letzteres und versuchte wahre Stärke zu zeigen und Ruhe zu bewahren. Als der Fahrer ein paar Straßen früher als gewöhnlich nach rechts abbog war ich mir nicht mehr sicher, die richtige Wahl getroffen zu haben.
Während all dieser Überlegungen und der letzten 5 Minuten hatte sich zudem eine rege Unterhaltung über meinen Auffenthalt in Kolumbien entwickelt - soweit das meine begrenzten Spanischkenntnisse zuließen. Meine Stille Hoffnung war jetzt also, dem Typ klar machen zu können, dass ich ein netter Mensch bin der extra für ein Jahr aus Deutschland gekommen ist, um Land und Leute kennen zu lernen und ein paar armen Jugendlichen (im Rahmen seiner Möglichkeiten) zu helfen. Gefühlte zwei Stunden, gemessene 3 Minuten später kam mein Haus doch noch in Sicht. Ziemlich erleichtert hielt ich den guten Mann dazu an sein Gefährt zu stoppen um mich aussteigen zu lassen. Im Stillen gratulierte ich mir dafür nicht ausgeraubt worden zu sein und im Lauten fragte ich freundlich nach dem Preis der Fahrt. Gespannt, wie mein netter Chauffeur das jetzt ohne Taxameter machen wollte wartete ich ab. Nachdem ein paar Mal auf dem Autoradio herumgedrückt wurde erschien eine Zahl, die mit Sicherheit eine Ziffer zuviel besaß um die zurückgelegten Meter anzuzeigen und erstaunlicherweise der Frequenz des Radiosenders, den wir gerade hörten entsprach. Der Fahrer nannte mir mit Hilfe der Senderfrequenz einen Preis der ein ganzens Stück zu hoch war für das kurze Stück Strecke und hielt mir seine Hand vors Gesicht. Unwissend wie ich mit der Situation umgehen sollte und auch ein bisschen erleichtert, dass es sich anscheinend nur um einen kleinen Gauner, der ahnungslose Touristen ausnimmt handelte, bezahlte ich zähneknirschend, nahm mein Wechselgeld entgegen und stieg aus. Die letzten Meter zu Fuß durch die lauwarme Dunkelheit zurücklegend versuchte ich meine Lehren aus der Sache zu ziehen. Als ich den Eingang zu meinem Gebäudekomplex erreichte und den Wachmann bat mir dir Tür zu öffnen war ich mir dann einer Sache sicher. Man sollte keine Taxis nehmen, die an typischen Touristenattraktionen bereit stehen!


Die Stadt bei Nacht

Mittwoch, 20. Januar 2010

Wie alles begann...

Der eine oder andere Gepäcksortierer, Ingenieur und was sonst noch auf einem Flughafen durch die Gegend läuft konnte an einem grauen Mittwochmorgen durch das winzige Fenster von Sitzplatz 10 A einen Jungen, kaum älter als "fast erwachsen" mit einem übergroßen Lächeln im Gesicht sehen. Was ihm diesen Ausdruck aufs Gesicht zauberte lässt sich jetzt nicht mehr mit Sicherheit sagen aber vielleicht waren es die Freunde, die ihn bis zur letzten Minute in Deutschland begleitet haben, vielleicht war es aber auch die Tatsache, dass Monate von Vorbereitungen und Anstrenungen vorbei waren, vielleicht war er froh, dass er genug Unterstützer für sein Vorhaben gefunden hat oder er freute sich, dass jede Menge Leute in den Tagen vor seiner Abreise an ihn gedacht haben.
Glücklich war an diesem Tag mit Sicherheit.
Und das heitere Glück, das an jenem Tag Einzug in sein Leben hielt, führte nicht nur den wohlen Klang einer fremden Sprache im Munde, nein, es wollte ihn zudem mit allerlei süßen Versuchungen an das Leben fernab von jeglicher Arbeit - zumindest nach der Definition einer deutschen Gesellschaft - gewöhnen. Das bedeutet keineswegs, dass er sich in voller Gänze dem Nichtstun hingeben wollte oder konnte, sondern soll vielmehr der Gelassenheit der zurückliegenden Tage Ausdruck verleihen. Er war selten so produktiv und hatte zuvor nur wenige Momente im Leben die Gelgenheit sich mit dergestaltiger Intensität dem Studium des Lebens und all seinen Facetten zu widmen. Das Gewöhnliche erhielt den Beigeschmack des Unbekannten und dem Alltäglichen wurde der Reiz des Neuen beigemischt. Wie eine angenehme Zutat wirkte sich das Zauberhafte im Leben der Kolumbianer auf seinen eigenen Alltag aus.
Weil er von so vielem Neuen und Unbekannten berichten könnte hält er sich an dieser Stelle nur mit einer Beschreibung seiner Situation im Allgemeinen und der des Verkehrs im Speziellen auf.
Er ist bei einer sehr netten Gastfamilie untergekommen. Die Gastfamilie ist anders als erwartet und besteht eigentlich auch nur aus zwei sehr freundlichen Vätern (Geschwister, was eine Freundin von ihm trotzdem an das Thema "Gender" auf dem letzten ICJA Seminar denken ließ). Drei der letzten sieben Tage hat er in El Pacho, einem kleinen Dorf verbracht und ziemlich viel über das bevorstehende Jahr gelernt, den Rest der Zeit war er damit beschäftigt Spanisch auf die eine oder andere Art zu lernen.
In seinem Wohnort, welcher den Namen Bogotá trägt und bei dem es sich um die Hauptstadt Kolumbiens handelt, gibt es zwischen 7,5 und 8 Millionen Einwohnern. Niemand kann mit Sicherheit sagen um wieviele es sich handelt aber dass es viele sind, lässt sich nicht bestreiten. Wenn all diese Menschen ein Auto (oder zwei, wie in einigen nördlicher gelegenden Staaten üblich) besitzen würden gäbe es mit Sicherheit nur Staus. Die es nebenbei bemerkt zur Rushhour auch so zu genüge gibt. Aus diesem Grund ist etwa ein Drittel der Autos gelb angemalt und hat ein kleines Schild mit den Buchstaben A, T, X und I (in anderer Reihenfolge) auf dem Dach. Von A nach B zu kommen ist in Kolumbien sehr billig und daher bei allen Menschen beliebt - was die Kolumbianer nicht besonders vom Rest der Welt unterscheidet. Ob es eine Geschwindigkeitsbegrenzung in den Straßen Bogotás gibt ist nicht bekannt und falls es eine geben sollte hält sich mit Sicherheit keiner dran. Mit Sicherheit hat der Straßenverkehr auch im Allgemeinen nichts zu tun. Anschnallen ist in Taxis ungewöhnlich und in den Bussen sollte man auf sein Gepäck, Handy oder mit was man sonst noch einsteigt achten, ansonsten könnte es passieren, dass man mit den wertvolleren Sachen nicht mehr aussteigt. In der Straße gibt es gelegentlich Löcher die einen Elefanten verschlucken könnten (zumindest einen sehr sehr kleinen Elefanten) und nachts allein durch die Straßen gehen ist auch selten zu empfehlen. Aber neben dem allzu schwarzen Bild das gerade entsteht kann auch von einigen positiven Dingen berichtet werden. Das Transmillenio-System ist sehr schnell und zuverlässig. Dabei handelt es sich um einen Bus, der auf 5 verschienden Routen die Stadt durchquert und die etwas kleineren Busse (Bussetas oder Coletivos) halten immer wenn man winkt oder auf "stop" drückt, was ebenfalls sehr angenehm ist. Jedesmal kann man etwas Neues entdecken und Verkehr ist für den jungen Deutschen noch mehr ein Abenteuer als eine unangenehme Begeiterscheinung des Lebens in Bogotá.
Da in einer so großen Stadt neben einer Menge Autos auch sehr viele Menschen unterwegs sind muss er sich an dieser Stelle leider verabschieden. Er nimmt sich trotzdem noch die Zeit der deutschen Bahn für ihre Zuverlässigkeit zu danken!

Sonntag, 10. Januar 2010

Alle Wege führen nach Rom.

Und nach Greifswald gibt es auch zwei Straßen... zumindest von meinem Heimatort aus. Das diese Straßen beide nicht genug sein sollten, wäre mir bis zum gestrigen Abend nicht in den Sinn gekommen.
Wenn man alles, was einem in den letzten Jahren lieb und vertraut geworden ist für eine Weile hinter sich lässt, will man natürlich nicht wortlos von dannen ziehen. So ging es auch mir und lediglich die Worte Hape Kerkelings: "Ich bin dann mal weg." zu gebrauchen, schien mir der Sache nicht ganz gerecht zu werden. Also wurde ein kleines, letztes Treffen all jener Aktuere, die mir die Zeit in Greifswald so gut zu versüßen vermochten organisiert. Da laut Robert Walsers Werk "Jakob von Gunten" rasche Abschiede unliebevoll sind und lange unerträglich, war ein Abend mittleren Ausmaßes geplant. Den perfekten Punkt zwischen beiden Extremen zu treffen scheint die Kür für einen Meister zu sein, ich als Laie wollte trotzdem den Versuch unternehmen. Dass es neben dem "Abend mittleren Ausmaßes" noch eine weitere Alternative gibt, sich zu trennen und dieses Scheiden weder unliebevoll, noch unerträglich werden zu lassen, war mir bis dato nicht klar.
Kein Abschied... das geht natürlich auch.
Sich querstellende Autos, feststeckende Räumfahrzeuge und Schneewehen extremen Ausmaßes wussten letztlich sehr gut zu verhinden, dass ich den Weg in die Hansestadt, wo all die Freunde und Bars warteten, antreten konnte. Die jetzige Lage scheint noch schlimmer und ich werde auf das Ade sagen wohl gänzlich verzichten müssen. Meine einzige Sorge ist mittlerweile ob ich in den Zug nach Berlin und schließlich zum Flughafen am Mittwoch komme... das könnte noch ein Problem werden.
Im schlimmsten Fall werde ich befreundete Landwirte bitten müssen einen ihrer Traktoren zu starten und die Reise zum Bahnhof über die an die Wege grenzenden Felder zu machen... denn auf dem, was urspünglich als Straße bezeichnet wurde, fährt erstmal nichts.



 Der Weg über Kirchdorf (oben) und über Groß Petershagen (die Bilder unten)




Dienstag, 5. Januar 2010

Im dunklen Monat Januar war's...

...Die Tage wurden immer trüber,
der Wind wehte über die Straßen den Schnee,
Da reist ich nach Kolumbien hinüber.

Und wenn ich an die Grenze komm,
Da fühl' ich ein stärkeres Klopfen
In meiner Brust, ich glaube sogar,
Die Augen beginnen zu tropfen.

Und wenn ich die spanische Sprache vernehm,
Da wird mir seltsam zumute;
Ich meinte nicht anders, als ob das Herz
Recht angenehm verblute.

Ein kleines Mädchen wird singen.
Sie singt mit wahrem Gefühle
Und falscher Stimme, doch werd ich sehr
gerühret sein von ihrem Spiele.

Der aufmerksame Leser wird wissen, dass diese Worte der Feder eines anderen, weitaus größeren Schreiberlings entnommen sind. Wäre Jener nicht 1843 nach Deutschland gereist, sondern hätte die Möglichkeit den ungleich längeren Weg nach Kolumbien auf sich zu nehmen, hätten seine Worte wahrscheinlich wie oben geklungen. Da ich allerdings bis jetzt nur in Gedanken in Kolumbien bin werde ich mich wohl aufs Wesentliche beschränken müssen und große Worte zu anderer Zeit klingen lassen.
Jetzt, da meine Tage in Deutschland fürs erste gezählt sind und die Zeit immer knapper wird ärgert man sich umso mehr über jede sinnlos gewartete Stunde und erfreut sich doppelt an jeder in geselliger Zweisamkeit verbrachten Minute. Wäre da nur nicht diese und jene Unannehmlichkeit die auf ihre Eledigung wartet. Eine Impfung fehlt noch, meine Reiseapotheke existiert vorerst nur in kühnen Träumen und ich habe das Gefühl Besuche beim Hausarzt, dem Gesundheitsamt oder der Führerscheinmeldestelle wollen keine Ende nehmen. Neben all dem gibt es allerdings auch einiges Gutes an den letzten, in Deutschland verbrachten Tagen zu finden. All die Freunde und Menschen mit denen ich die letzten Jahre meines Lebens teilte, verstehen es ganz gut mir das Gefühl von ehrlichem Interesse zu geben, meine Suche nach Menschen, die einen finaziellen Beitrag leisten können ist mit einigem Schwung ins Rollen gekommen und plätschert gerade (mit der Abicht auf der zweiten Hälfte der Strecke nochmal alles zu geben ;-) ) vor sich hin, ich konnte eine Kamera käuflich erwerben (naja, das Geld ist erstmal weg, die Kamera noch nicht da) und die Vorfreude auf das Kommende steigert zudem nicht unerheblich meine Stimmung... Um die Castrol Werbung zu zitieren: "Wie man den Wagen schmiert, so läuft er" und ich habe in den letzte Monaten anscheinend an den richtign Stellen geschmiert.
Ach ja, eine Sache gibt es noch, von der ich euch berichten will. Ich kenne mittlerweile meine Gastfamilie. Eigentlich ist das Wort "kennen" an dieser Stelle ein wenig übertrieben, da ich lediglich den Namen gelesen und (wie könnte es anders sein) gleich wieder vergessen habe. Die Beschreibung der Personen, bei welchen es sich um ein älteres Ehepaar handelt, hörte sich allerdings ziemlich interessant an. Ich bin guter Dinge, dass das Treffen von Angesicht zu Angesicht hält was das Papier verspricht.

Bis die Tage
Der Glückliche Besitzer Eines Visums