Ich bin bereits seit 12 Tagen in Melgar, eine Gemeinde mit einem Dorf etwa 2,5 Stunden westlich von Bogotá. Die Internetverbindung ist ein langsam funktionierendes UMTS-Modem, das zu allem Übel auch noch kaputt war.
Die Arbeit hier ist anders, Melgar hat nicht mehr als 30.000 Einwohner und etwa 50.000 Betten für Touristen die übers Wochenende kommen. Dass ich hier sein kann, ist für mich wirklich gut. Einerseits als Wertschätzung der Arbeit die ich in Bogotá machen konnte und andererseits nicht zu vergleichen. Das Dorf! ist ziemlich klein und alles funktioniert hier ein bisschen anders. In Melgar gibt es nichts außer Hitze, Pools und Party. Viele Bogotaner haben hier eine Wochenendhaus und kommen gelegentlich um der „Kälte“ Bogotás zu entfliehen und ein bisschen auszuspannen. Außerdem gibt es eine Militärbasis, die größte Kolumbiens und hier machen auch jede Menge Ausländer ihre Ausbildung. Mit einem Sold der Army Of The United States lebt es sich ziemlich gut in Kolumbien und diese Möglichkeit wird zu Genüge von den „Gringos“ ausgenutzt. Das Level der kommerziellen sexuellen Ausbeutung von Minderjährigen hier ist beeindruckend. Wenn man die Taxifahrer fragt was die Leute so sehr nach Melgar zieht sagt fast jeder „Sexo, Trago y Rumba“ (span.: Sex, Drinks und Party).
In kurzen Worten, Melgar kommt mir vor wie der wilde Westen. Hier kann man alles machen und niemand sagt was. Während Wahlen oder z.B. zum Tag der Unabhängigkeit (20. Juli) ist es hier verboten alkoholhaltige Getränke zu verkaufen oder an öffentlichen Orten zu konsumieren. Trotzdem haben viele Leute Bier und Likör getrunken. Ein alter Mann hat sich lautstark über die Soldaten, die den Marsch für den nächsten Tag übten, lustig gemacht und auf all das gab es keinerlei Reaktion. Auch was die kommerzielle sexuelle Ausbeutung von Minderjährigen angeht ist man sich im Bürgermeisteramt durchaus der Situation bewusst und kennt die Orte, gemacht wird trotzdem nichts. Es gibt zwar jede Menge Initiativen, die sich allerdings alle auf den Aspekt der Prävention beziehen. Professionelle Hilfe für die Opfer haben wir in den letzten 12 Tagen nicht entdeckt. In der Fundación Renacer machen die Kinder und Jugendlichen normalerweise einen Prozess von einer Dauer von 18 Monaten. Dafür fehlen hier in Melgar einfach die personellen und finanziellen Kapazitäten.
Ansonsten geht es mir ziemlich gut mit meiner Arbeit. Ich habe wenig Freizeit da wir 7 Tagen die Woche etwa 10-12 Stunden arbeiten und den Rest der Zeit damit beschäftigt sind unsere Arbeit zu planen und uns selbst vor allem bezüglich verschiedener sexuell übertragbarer Krankheiten fortzubilden. Die Arbeit hier ist wesentlich umfassender als in Bogotá, da wir nicht nur mit den Betroffenen reden und unsere Beobachtungen verschiedener Orte systematisieren sondern uns ebenfalls an Institutionen und Offizielle in den verschiedenen Wohnvierteln annähern. Wir führen Gesprächsgruppen mit sozialen Akteuren, Polizisten und Mitarbeitern einiger nationaler Ministerien durch, sprechen mit Müttern und organisieren Workshops in Schulen. Alles in Allem sehr abwechslungsreich und umfassend. Ich bin ein weiteres Mal ziemlich froh über die Möglichkeiten die sich hier bieten.
Von der Arbeit habe ich leider keine Bilder, das Haus in dem ich noch bis Freitag wohne, sollt ihr trotzdem sehen. Ab diesem Wochenende werden wir in Hotels übernachten. Alle drei Tage wechseln wir das Hotel mit der Absicht möglichst viel von den verschiedenen Bediensteten zu erfahren.
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