Dienstag, 17. August 2010

Melgar II

"Tochter, such dir einen Soldaten!" Das ist der Rat den Eltern ihren Kindern mit auf den Weg geben. Sicher nicht in der ganzen Welt und auch nicht in allen Teilen Kolumbiens aber zumindest in Melgar. Hier gibt es nichts. Wochenendtourismus ist nahezu das einzige von dem die über 30.000 Einwohner leben. Wenn wir Workshops mit Müttern in den ärmeren Viertel veranstalten wollen und fragen welcher Tag der Beste ist, bekommen wir fast immer die selbe Antwort. Jeder, bloß nicht am Wochenende. Am Wochenende kann man auf der Straße Filme, Eis, Getränke und Essen verkaufen oder in den Fincas der Reichen putzen und kochen. Das einzige Einkommen vieler Familien.
Wir sind jetzt fertig mit unserer Diagnose in Melgar und die Ergebnisse sind besorgniserregend. Es gibt keinerlei Programme für die Opfer von sexueller kommerzieller Ausbeutung, die Polizei arbeitet in den Augen des Bürgermeisteramtes hart, wenn man die Kinder in den Schulen oder die Mütter auf der Straße fragt, was die Polizei macht, bekommt man auch nach längerem bohren nur eine kurze Antwort. "Nichts!"
Das Ministerium für Kinder und Familie und die Polizei haben keinen einzigen registrierten Fall von kommerzieller sexueller Ausbeutung Minderjähriger, die Anzahl der im Krankenhaus mit Infektionen von sexuell übertragbaren Krankheiten Behandelten hat bei den Minderjährigen und Soldaten zwei Ziffern zuviel um sich in einem normalen Rahmen zu bewegen. Einen Zusammenhang will trotzdem niemand sehen.
Soldaten sind hier die besten "Kunden". Wenn man am Wochenende durch die Straßen zieht sieht man viele der Streitkräfte in Begleitung von ein oder zwei Frauen. Geschätzte 90 Prozent der weiblichen Begleiterinnen werden dafür auf die eine oder andere Art bezahlt.
Seit einiger Zeit gibt es in Kolumbien ein neues Jugendschutzgesetz. Viele Mütter und Väter sehen darin einen der Gründe warum die Kinder in Prostitution enden. Wie soll man Töchter und Söhne erziehen, wenn man sie nicht mehr schlagen darf? Da fehlen uns die Wort. Eine der vielen Empfehlungen für die öffentlichen Einrichtungen hier wird es sicher sein Mütter und Väter bezüglich Erziehung von Kindern fortzubilden.
Minderjährigen sollte es laut Gesetz eigentlich unmöglich sein ohne Begleitung der Eltern nachts ein Hotel zu betreten. Die Klienten und Jugendlichen haben trotzdem in keinem der etwa 150 Vorhandenen ein Problem, ein Zimmer zu bekommen.

Ich hatte dank eines "weltwärts"-Seminars die Möglichkeit ein Wochenende auszuspannen. Es war interessant mit den vielen Neuangekommen zu sprechen.
Am Mittwochabend werden wir uns in die nächste Gemeinde aufmachen. Von Nilo aus werden wir dann noch eine Gesprächsgruppe mit in Melgar stationierten, amerikanischen Soldaten vorbereiten. Das einzige noch fehlende Puzzleteil.
Wie viele weitere Mädchen bis dahin dem Rat ihrer Eltern gefolgt sind lässt sich schwer sagen. Das es viele sind, bezweifel ich nicht.

1 Kommentar:

  1. Hallo Vincent!
    Schön von dir zu hören, auch wenn ich sagen muss der Inhalt ist ja wiederum sehr erschreckend. Aber dir scheint es gut zu gehen und das ist wichtig, Gott schütze Dich und Deinen Dienst Cord!

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