Wir sind jetzt in Nilo angekommen. Eigentlich nicht jetzt sondern schon vor 10 Tagen. Dass ich mir solange Zeit gelassen hab mal wieder was zu veröffentlichen will ich auf die Tatsache schieben, dass wir fast ausschließlich mit Schreibarbeit beschäftigt sind.
Unter der Woche ist hier eigentlich nichts los und weil uns ein großer Teil der Systematisation der Arbeit in Melgar fehlt haben wir uns erstmal darauf gestürzt. Mein Spanisch ist natürlich nach wie vor nicht perfekt. Es reicht allerdings, dass ich mich aktiv an diesem Prozess beteiligen kann. Meine Bericht werden zwar immer nochmal korrigiert aber das dauert nicht länger als 15 Minuten.
Nilo ist ziemlich klein. Etwa 6000 Einwohner haben hier ihr Zuhause. Dazu kommt noch eine Militärschule mit etwa 1600 Männern die professionelle Soldaten werden wollen. Die Arbeit hier ist nochmal ein Stück anders. Jeder kennt jeden und nach einer Woche hatte man auch vom "alemán" (span. Deutscher) gehört. Wir arbeiten noch raffinierter, wenn ich das so sagen darf. Wir nehmen an jeder sozialen Aktivität teil, bei der sich die Gelegenheit bietet mit Jugendlichen aus dem Dorf zu sprechen. Am Wochenende haben wir uns mit 3 Mädels, einem Zuhälter und einem weiteren Mann (wahrscheinlich Klient der Minderjährigen) in der Finca des letztgenannten getroffen. Nach einigen unbedeutenden Wortwechseln haben wir die Pferde aufgesattelt und sind losgeritten.
Manchmal fühle' ich mich wie in einem Film.
Der Zuhälter passt allerdings nicht in das typische Profil. Wenn man sich einen kräftigen Mann Mitte 40 in langem, schwarzem Mantel vorstellt liegt man ziemlich falsch. Der Junge ist gerade mal 18 Jahre alt, selbst Opfer und seine Mutter sagt ihm immer noch wann er zu Hause sein soll.
Ansonsten ist es ziemlich ruhig. Eigentlich der perfekte Ort um ein Wochenendhaus zu haben. Die Landschaft ist beeindruckend schön und das Wort Verkehrslärm existiert hier mit Sicherheit nicht.
Morgen haben wir ein voraussichtlich letztes Treffen mit verschiedenen Akteuren staatlicher Organisationen aus Melgar. Das Ministerium für Kinder und Familie und die Polizei haben kalte Füße bekommen und wollen, dass wir Anzeigen erstatten. Die Angst der verschiedenen Institutionen ist begründet. Seit etwa 10 Jahren zeigt sich das Phänomen der kommerziellen sexuellen Ausbeutung Minderjähriger in Melgar und bis jetzt wurde nichts getan. Ist nicht besonders schön für die Lokalregierung wenn das auf einmal publik gemacht wird. Wir werden uns wohl auf die Schweigepflicht berufen und sagen, dass der Anwalt der Fundación für solche Sachen zuständig ist. Hoffentlich funktioniert's.
Nilos Umgebung um 5 Uhr Nachmittags |
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