Wir sind seit einer Woche in Chinaute und die magere Ausbeute sind drei Taxifahrer, die nebenberuflich als Zuhälter arbeiten, ein Verwalter einer Finca (Wochenendhaus), der möglicherweise Minderjährige beschaffen kann, eine Finca in der jedes Wochenende Swingerpartys veranstaltet werden. Ob an den Partys unter achtzehn Jährige teilnehmen müssen wir noch herausfinden. Mit Minderjährige selbst haben wir noch nicht gesprochen.
Strategiewechsel. Wir haben den Vorteil mit zwei Teams in Chinauta zu arbeiten. Die Frauen kümmern sich um die Institutionen wie Schulen, Krankenhäuser, Bürgermeisteramt und Polizei, die Workshops mit Müttern und Schülern und was es sonst noch gibt. Ein Kollege und ich, wir sind Klienten. Immer auf der Suche nach den jungen Mädchen. 15, 16,17 oder vielleicht auch 14 aber bloß nicht älter. Vorher musste das alles ein und das selbe Team erledigen. Die Situation in Chinauta ist anders als alles was wir bis jetzt kennen. Es gibt keinen Dorfkern. Die nächste Stadt ist nur zehn Minuten im Auto entfernt. Hier findet man nicht so schnell Minderjährige in der Straße. Der Grund ist einfach. Weil es nur eine Straße gibt. Wir beide haben also angefangen 10 Stunden am Tag bei Facebook online zu sein. Nach acht Monaten Erfahrung habe ich nur zu oft die Geschichten von den Kindern gehört, die über das Internet ihre Klienten suchen.
Am 26.09. hieß es dann also "Willkommen bei Facebook". Bis 3:00 nachts habe ich Fotos hochgeladen, Freunde gesucht, das Profil von Felix Peters bearbeitet bis es halbwegs echt aussieht.
12 Stunden später habe ich über 80 Freunde, 5 Fotoalben, bin auf 19 Fotos verlinkt und meine Pinnwand ist ausreichend voll mit lauter Einträgen von Leuten aus Deutschland und Kolumbien, Dingen die ich mag und anderen Kleinigkeiten.
Also ging es los. Gruppen von Schulen in Chinauta und Fusa suchen und Jungs und Mädels, die ihre Schule mögen als Freunde hinzufügen. Alle Mitglieder aus Gruppen wie "die Mädchen aus Fusa", "hübsche Mädchen aus Fusa" oder "Bildhübsche Fusanerinnen". So viel wie möglich. Um 6 Uhr abends wird die Euphorie das erste Mal gestoppt. Facebook fängt an mich immer öfter zu fragen ob ich das Mädchen oder den Jungen auch wirklich kenne. Also ein Gang runterschalten und warten. Nach den ersten Angenommenen Freundschafteinladungen fange ich an mit den Leuten zu chatten.
"Hallo, wie geht's?"
"Gut, gut... und dir?"
"Auch. Du bist aus Fusa oder"
"Ja, und du?"
"Oh, ich bin Österreicher... aber zur Zeit in Kolumbien"
"Was machst du hier?"
"Reisen, Spanisch und die Menschen dieses wunderbaren Landes (kennen)lernen"
"Cool... und wo bist du gerade?"
"In Bogotá... ich will bald nach Fusa, da soll es wärmer sein?!"
"Ja, ist viel wärmer als Bogotá"
"Cool... und sind alle Mädchen in Fusa so hübsch wie du ;-)?"
"Hahaha... nicht alle aber die meisten"
"..."
"aber du siehst auch nicht schlecht aus"
"Danke... und was machst du so?"
"Geh noch zur Schule"
"Wie alt bist du denn?"
"sechszehn und du"
"einundzwanzig... entschuldige die Frage: Hast du eigentlich einen Freund?"
"nö"
"jemand so hinreißendes wie du ohne Freund???"
"Hat vor drei Monaten schluss gemacht"
"Scheint nicht zu wissen was er da verpasst ;-)"
"hahaha... muss los, gibt Abendbrot bei mir"
"Okay... wir reden später???!"
"Ja... ciao"
"ciao"
Carolina ist offline
Mein Kollege hat das selbe Mädchen als Freundin bei Facebook und schreibt fleissig mit ihr. Weniger an ihrem Äußeren, mehr an ihrer Persönlichkeit interessiert.
Als sie das nächste Mal online ist kann nur er sie sehen und mit ihr schreiben. Für Felix Peters ist sie offline. Anscheinend hat sie ihn in eine Gruppe für ausländische Lustmolche verbannt. Gut für sie. Schlecht für unsere Arbeit.
Also fangen wir an mit der Nächsten zu chatten.
Hallo Vincent!
AntwortenLöschenDas sind ja interessante Methoden. Ich hoffe, dass sie euch Erfolg für eure Arbeit bringen. Ich würde mich sehr über eine Mail von dir freuen.
Gruß Cord, Gott segne Dich!